Mongolei
Jurtensiedlung inmitten saftiger Weiden im Flusstal bei Dzereg


Mongolei: durch Sumpf und Schlamm

Die zweitägige Sperre der Grenze anlässlich des Nadam-Festes lag hinter uns. Auf der russischen Seite der Grenze nahe Taschanta verbrachten wir erholsame, sonnige Tage in einer weiten hügeligen Graslandschaft auf 2090 m Seehöhe. Zuvor hatten wir noch mit einem Motorradfahrer gesprochen, der den langen und beschwerlichen Weg von Australien über Südkorea, Wladiwostok und die Mongolei genommen hatte. Kein Wort über widrige Wetterverhältnisse. Das sollte sich während unseres Aufenthaltes in der Mongolei und später in Sibirien gravierend und nachhaltig ändern...

Die Grenzabfertigung auf russischer Seite verlief zügig und professionell, obwohl sich in den zwei Tagen des Wartens auf die Grenzöffnung etwa 15 Fahrzeuge und ebensoviele Motorradfahrer, die meisten aus Polen, angesammelt hatten. Auf enger geteerter Straße ging es noch einmal 23 km bis der letzte russische Außenposten am Grenzzaun in 2500 m Höhe erreicht war. Hier wurden die Fahrzeugdaten in ein dickes Buch eingetragen und das schwere Eisentor geöffnet. Der mühsame Weg nach Ulaan Baatar war freigegeben!

Grenzzaun hinter Taschanta
hinter dem Grenzzaun beginnt der 2900 km lange Weg nach
Ulaan Baatar


Die Erdpiste hinunter zum neu errichteten Grenzabfertigungsgebäude der Mongolen wies schon einige verdächtige Schlammlöcher auf. Aber noch ahnten wir nichts Böses. Wir warteten 2 Stunden an der Umzäunung des Gebäudes bis die Mittagspause der Beamten beendet war. Und dann ging es los! Nicht nur die zügige Abfertigung durch Grenzbeamte, Zoll und Straßenbehörde, sondern auch ein Unwetter, wie wir es bis dahin noch nie erlebt hatten. Sturzbachähnliche Wassermengen ergossen sich vom Himmel, was selbst die Grenzbeamten von ihrer Arbeit abhielt, während sie fasziniert das Schauspiel draußen betrachteten.

Glücklicherweise lies das Unwetter nach einer Stunde nach, so dass wir uns auf den Weg nach Ölgii machen konnten. Die Erdstraße war schlammig und rutschig, mit großen wassergefüllten Löchern, die Wiesen rechts und links des Weges halb von Wasser bedeckt. Und so sollte es praktisch auf unserer Reise durch die Mongolei bleiben...

Ölgii ist Bezirkshauptstadt, machte aber einen absolut desolaten Eindruck. Daran waren nicht alleine die tief überschwemmten Straßen und Plätze schuld, es lag wohl auch an an den tristen Baulichkeiten, viele davon Überbleibsel aus einer alten Epoche. Nachdem die beiden größeren Hotels von außen keinen sehr einladenden Anblick boten, entschlossen wir uns sehr schnell, ins empfohlene Traveller's Guest House von Nazgul zu ziehen. Die freundliche Kasachin bot einfachste Zimmer und Jurtenunterkünfte an, war aber damit einverstanden, daß wir im Auto im umzäunten Hof schliefen. Nur tagsüber, als es am nächsten Tag wieder heftigst zu schütten begann, verkrochen wir uns in eine der Jurten, wo allerdings sehr bald der Boden 10 cm tief unter Wasser stand. Immerhin hatten wir von da aus die Möglichkeit, per WiFi ins Internet zu gehen.

Wie in allen Bezirkshauptstädten, so findet man auch in Ölgii Banken, kleine 'Supermarkets' (ohne großes Angebot), eine Post, Hotels und Tankstellen. Das einzige empfohlene Restaurant war proppenvoll, viele Einheimische aber auch Ausländer scheuten es nicht, dort zu speisen. Alleine ein kurzer Blick in die Toilette lies uns davor zurückschrecken, auf einen freien Tisch zu warten und so verließen wir fluchtartig das 'TOP' Arvin Restaurant & Pub.

Hier noch einige Bilder aus Ölgii, so wie wir es erlebt hatten:



Hauptplatz Olgii
Überschwemmter Hauptplatz in Ölgii


Wie in jedem ehedem kommunistischen Ort, nicht nur in der Mongolei, so auch hier, der zentrale Platz mit Denkmal und Sowjetstern. Dies hindert keinen Mongolen daran, kapitalistischen Idealen hinterher zu jagen.


Tsambagarav Hotel Olgii
Ölgii: das beste Hotel am Platze


Angeblich das 'hübscheste' Hotel in Ölgii, glaubt man dem Lonely Planet Führer. Der Preis für das Doppelzimmer liegt angeblich bei schlappen 50 EUR. Die Zimmer seien angeblich sauber, alles im Badezimmer funktioniert wie es soll und die Belegschaft ist freundlich. Trotzdem: wir ziehen das Traveller's Guesthouse diesem Hotel vor!


Alau Bar Olgii
Alau Bar in Ölgii


In jedem kleinen Nest findet man eine Bar, mit oder ohne Karaoke, in der sich der Mongole mit Wodka vollaufen lassen kann. Die Überlandstraßen sind gesäumt mit leeren Flaschen, denn Müllbeseitung ist in der Mongolei ein riesen Problem, unter dem auch wir Touristen zu leiden haben. Tag für Tag stellt sich uns die Frage: wohin mit unserem Müll?


Laden in Olgii
Relikt aus vergangenen Zeiten


Ganz lieb die naiven Verzierungen am Giebel des kleinen Kaufhauses: Der Sowjetstern umrahmt von Friedenstauben!

Ölgii sollte eigentlich der Ausgangspunkt zu einer Erkundungstour ins mongolische Altai sein. Vor einigen Jahren hatten wir schon die chinesische Seite des Altais am Hanas-See besucht und einen Blick auf den mächtigen, vergletscherten 4000er im Grenzdreieck China/Kasachstan/Mongolei werfen können. Doch diesmal sollte unsere Reise buchstäblich ins Wasser fallen. Nazgul berichtete, daß es seit zwei Wochen schon mehr oder weniger ununterbrochen geregnet hätte und eine Zufahrt ins nordwestlich gelegene Grenzgebiet nicht sehr ratsam wäre. Da nicht abzusehen war, wie schnell sich die Wettersituation und damit der Pistenzustand zum Besseren wenden würde, verzichteten wir auf den ursprünglich geplanten Besuch.

Die Strecke von Ölgii nach Khovd war schon unangenehm genug: total verschlammt, rutschig, uneben mit vielen wassergefüllten Löchern ungewisser Tiefe und hin und wieder längere Passagen durch versumpfte Wiesen, auf denen übel verschlammte Wegpassagen umgangen werden konnten. Glücklicherweise hatten wir mit unserem LandCruiser an solchen Stellen nie irgendwelche Probleme. Wir fragten uns aber, wie jene schwerbepackten Motorradfahrer aus Polen hier durchkommen würden. Tasächlich kamen sie durch, wir trafen sie in Ulaan Baatar wieder, aber ziemlich demoralisiert. Demoralisiert war auch ein französischer Wohnmobilist, den wir, etwa 30 km südlich Ölgii trafen. Aus Khovd kommend hatte er einen schweren Schock und weinte, als er uns von den entsetzlichen Passagen erzählte, die er zu bewältigen hatte und die ihm fast das Fahrzeug kosteten. Kein Wunder bei den kleinen Reifen, der niedrigen Bodenfreiheit und dem extrem langen Überhang hinten.

Nach Khovd verbessert sich die Straße merklich. 80 km südlich Khovd erreicht man eine Großbaustelle. Chinesen sind gerade dabei, die neue, breite Trasse der A14 zu teeren. Diese führt zur chinesischen Grenze bei Bulgan/Takeshiken. Es bleibt zu hoffen, daß hier ein internationaler Grenzübergang geschaffen wird, den wir Touristen auch benutzen können.


neue Straße nach China
neue Strasse von Khovd über Bulgan zum internationalen Grenzübergang nach China: Teerdecke in Arbeit


Hat man nach etlichen hundert Kilometern endlich Altai erreicht, hofft man, allen Problemen, die schlechte Straßen so mit sich bringen, entronnen zu sein. Altai selbst ist ein netter, großzügiger Ort mit Tankstellen, Banken, Post und bescheidenen Einkaufsmöglichkeiten.


Markt in Altai
Ladenzeile am Markt von Altai


Supermarkt in Altai
Supermarkt in Altai


Von Altai aus gibt es zwei Wege nach Ulaan Baatar. Die 'südliche', kürzere Strecke führt über Bayanchongor und Arvaikher nach Ulaan Baatar. Allerdings gibt es da ein beachtliches Hindernis: Etwa 120 km vor Bayanchongor ist der Baydrag Gol zu passieren. Das war, solange man die Brücke über den Fluss benutzen konnte, auch leicht zu bewerkstelligen. Seitdem diese Brücke aber nicht mehr existiert, steht man vor einer gewaltigen Herausforderung, nämlich den Fluß zu durchfahren. Wir wurden verschiedentlich ernsthaft gewarnt, dieses zu tun. Zwar stünde eine Zugmaschine bereit, die gegebenenfalls das zur Flußquerung entschlossene Fahrzeug an ein Seil nimmt, um es vor Abtreiben durch die starke Strömung und das hohe Wasser zu bewahren, doch auch mit dieser Unterstützung wäre es ein gewagtes Unternehmen, durch den Fluß zu fahren.

Wir wollten dieses Risiko nicht in Kauf nehmen und entschieden uns für die zweite Möglichkeit, die 'mittlere' Strecke. Sie ist bedeutend länger als die südliche, und führt durch Landschaften, die wir noch nicht kannten, also von Altai über Uliastaj und Tosontsengel, Tsetserleg, Karakorum nach Rashaant und schließlich nach Ulaan Baatar. Diese Strecke ist über lange Abschnitte recht einsam, wir trafen da kaum mehr als 10 Fahrzeuge am Tag. Sie führt westlich und später nördlich um den Hangai herum, einer der größten Gebirgszonen der Mongolei mit über 4000 Meter hohen Bergen.


Brunnenhaus
manchmal schwer zu finden: öffentliches Brunnenhaus, hier in Uliastaj


Für die Versorgung mit Trinkwasser unterwegs ist gut gesorgt. Entweder man kauft in den 'Supermarkets' die 5-Liter-Flaschen mit 'Mineralwasser' oder aber man läßt sich gegen einen kleinen Obolus den Kanister füllen. Wir bevorzugten die erste Methode, doch ab und zu ließen wir unser Waschwasser auch an öffentlichen Brunnen ergänzen.

Das Andere ist die Sicherstellung des leiblichen Wohls. Hinsichtlich der hygienischen Bedingungen kam es uns nie in den Sinn, in solchen Lokalen am Strassenrand das Mittagessen einzunehmen. Die einheimischen Lastwagenfahrer sind natürlich auf diese Angebote angewiesen und adaptiert.


Restaurantzeile am Strassenrand
Truck Stop mit Riesenauswahl an Restaurants


Man sollte sich ruhig Zeit nehmen, die wunderschöne Landschaft auf dem Weg von Altai nach Karakorum zu genießen. Der Aussage im Lonely Planet Führer, "Tsetserleg ist unserer Meinung nach die schönste aller Aimag-(Bezirks-)Hauptstädte", sollte allerdings keinerlei Glauben geschenkt werden. In einem Punkt muss man dem Führer aber recht geben. Das Museum der Stadt ist wirklich einen Besuch wert. Hat man dieses aber erkundet, kann man ruhigen Gewissens weiterfahren ohne etwas zu versäumen, da selbst die 'Supermarkets' hier nur ein äusserst bescheidenes Angebot präsentieren!

In Kharkhorin (auch Karakorum genannt) wird man sein blaues Wunder erleben. Vorbei die beschauliche Ruhe, wie wir sie noch 8 Jahre zuvor erleben konnten. Heute herrscht hier an diesem heiligen Ort ein Rummel wie im Wiener Prater. Die Parkplätze sind übervoll mit dicken SUVs zugestellt, Andenkenhändler und Fressbuden werben aggressiv um Kunden. Gegen Abend setzt ein wildes Autorennen gen Ulaan Baatar ein, das die ganze Nacht über anhält. Der Konvoi kommt größtenteils vom Erholungsgebiet im Tsagaan Nuur Nationalpark, 250 km nordwestlich Karakorums an der A1602/A1603 gelegen.


Kharkorin
108 Stupas umgeben die buddhistische Tempelanlage von Kharkhorin


Die buddhistische Klosteranlage Erdene Zuu Khiid aus dem 17. Jahrhundert ist nach den Zerstörungen während der stalinistischen Exzesse 1937 inzwischen prächtig renoviert worden und wieder von Mönchen belebt.


Parkplatznot vor Kharkhorin
Parkplatznot vor der Tempelanlage in Kharkhorin


Karakorum liegt bereits im Einzugsgebiet von Ulaan Baatar. Mit Ausnahme eines kurzen Stücks miserabler Strasse gleich hinter Karakorum kann man eine gut ausgebaute Teerstrasse genießen. Je mehr man sich Ulaan Baatar nähert, um so dichter wird die Besiedelung mit Hütten und Jurten ohne daß man die Lebensgrundlage der Menschen dort erahnen könnte.

Sobald man die industriellen Außenbezirke Ulaan Baatar erreicht hat, ist der Autotourist gefangen in unbeschreiblichem Chaos, das die hirnrissigen Autofahrer produzieren. Dazu kommen erschwerend noch die miserablen, schlaglochübersäten Strassen in dieser monströsen Stadt, der Müll überall und die dunklen Abgaswolken aus dem am Stadtrand liegenden Kraftwerk. Extrem schlimm wird die Situation in der Stadt, sobald die Strassen überflutet sind. Das passiert sehr schnell, denn das möglicherweise doch existierende Kanalsystem ist bei starken Regenfällen ganz offensichtlich total überlastet.

Seit unserem letzten Besuch vor 8 Jahren hat sich die Stadt in einem Maße zum Schlechteren entwickelt, das kaum vorstellbar ist. Einzig die Versorgung der Bevölkerung hat sich, bei extrem hohen Preisen, zum Besseren gewendet. An jeder Ecke sind Supermarkets entstanden, die ein durchaus akzeptables Angebot an Lebensmitteln aus China, Russland, Polen und Deutschland bereithalten. Selbst Brot in verschieden Sorten ist zu bekommen!

Auch die Zahl der Hotels aller Klassen ist gewaltig gewachsen. Aber selbst 5-Sterne-Luxushotels, umgeben von Müllbergen, machen von außen keinen sehr einladenden Eindruck. Das bestärkte uns in der Absicht, im Oasis Guest House abzusteigen, das in Travellerkreisen einen sehr guten Ruf genießt.


OASIS Guesthouse UB
Ein seltener Anblick: nahezu leere Stellplätze im Oasis Guest House


Der kleine Platz am östlichen Stadtrand ist leicht zu finden, da an einem großen Schild am Dach des Hauptgebäudes von weitem erkennbar. Man muß nur die schmale Zufahrt hinter einer Tankstelle nahe eines Kreisverkehrs finden. Große LKW-Wohnmobile tun sich sehr schwer, auf das Stellplatzgelände zu gelangen. Sind sie erst mal nach ewigem Rangieren drin, gibt es für 'normale' Reisende kaum mehr Platz. Im günstigsten Fall können etwa 6-7 Fahrzeuge Tür an Tür untergebracht werden. Motorradfahrer und Fahrradfahrer tun sich da leichter. Sie stellen ihr Gefährt einfach neben der Jurte ab, in der sie untergekommen sind.

Neben den Jurten gibt es noch zwei Zimmer im Hauptgebäude für eine Reihe von Gästen. Alle Gäste teilen sich zwei kleine Toiletten, in denen winzige Waschbecken (z.B. zum Zähneputzen) eingebaut sind. Wahrlich keine ideale Lösung der sanitären Bedürfnisse. Dafür gibt es eine Reihe von heißen Duschen, die gratis benützt werden können, wenn sie nicht gerade von einheimischen Badegästen belegt sind. Angenehm ist auch die Möglichkeit, Wäsche waschen zu lassen.

Besonders beliebt ist der Internetzugang über WiFi und die ausgezeichnete Küche, die sogar ein wirklich gutes Wiener Schnitzel im Angebot hat! Kein Wunder, die Gastgeber kommen aus Österreich und Deutschland.

Den Großteil der Gäste stellen Motorradfahrer, von denen ein beachtlicher Teil von Wladiwostok kommt oder dort hinzufahren gedenkt. Sogar Südost-Asien und Australien sind Reiseziele oder Ausgangspunkte längerer Touren! Fast alle Motorradfahrer nutzen den Aufenthalt im Oasis, um kleinere, meist aber größere Schäden zu reparieren. Besonders anfällig scheinen die schweren BMWs zu sein.

Bei oder nach schweren Regenfällen heißt es im Oasis: Land unter! Von der Straße her fluten dann Wassermassen auf die Stellplätze und die Ruhezone vor dem Restaurant. Das hat aber immerhin ein Gutes: man lernt im Gedränge der Wirtsstube interessante Leute kennen. So zum Beispiel eine älteren Dänen, Polarforscher und Architekt (auf leichter BMW) mit Namen John Andersen. Wir waren fasziniert, als er uns von seinen extremen Expeditionen per Kayak in den Polargebieten berichtete. In seinem Buch 'Packeis und ferne Horizonte' beschreibt er fesselnd die erstmalige Bezwingung der Nordwestpassage ohne Motor. Da konnten wir nur ehrfürchtig staunen. Es gab aber auch Gemeinsamkeiten: Erlebnisse im Hoggar, in der arabischen Halbinsel, in Persien. Da konnten wir gut mit unseren Erlebnissen mithalten! Sein neuestes Projekt ist die 'Arabische Reise' des Carsten Niebuhr in den Jahren von 1761 bis 1767. Wir warten schon auf das Erscheinen seines Buches.

Trotz täglicher Regenschauer, wenig ermutigender Wetterprognosen und den Bequemlichkeiten im Oasis wollten wir uns von der Weiterfahrt zum entlegenen Tabun-Khara-Ovo Impaktkrater in der Ost Gobi nicht abhalten lassen. Die Hauptstrasse A1101/1102 von Ulaan Baatar über Nallaikh, Choir und Ayrag nach Saynshand wird derzeit groß ausgebaut. Von den 440 km waren im Sommer 2012 bereits 263 km asphaltiert. Es blieben 177 km Piste entlang der östlichen Seite der Eisenbahmlinie nach Erenhot (China). Und diese 177 km haben es in sich! Allerdings nur bei oder nach starken Regenfällen. Unter solchen Umständen hat man mit tief verschlammten Erdstraßen zu kämpfen, mit ausgedehnten Wassertümpeln auf den Pisten, deren Tiefe schwer abschätzbar ist, und sogar mit kurzen Querungen von einem Meter tiefen verschlammten Bächen. Verständlich, daß wir uns da zunächst nicht durchtrauten! Wir warteten also darauf, daß ein anderes Fahrzeug die Passage anging. Und tatsächlich, ein Toyota blieb nicht einmal stehen und querte einfach, das Wasser reichte dabei fast bis zur Motorhaube. Wir unterhielten uns kurz mit ihm. Er meinte nur, mit einem Auto wie dem unsrigen, käme man da spielend durch. Und so war es dann auch.

Versorgungsmöglichkeiten auf dieser Verbindung nach China sind spärlich gesät. Immerhin gibt es auf halber Strecke eine Tankstelle nahe dem winzigen Ort Ayrag, die schon von weitem zu erkennen ist.


Einsame Tankstelle auf der A1102
Tankstelle zwischen Ayrag und Saynschand auf der A1102 (Dornogovi)


Von unserer ersten Reise 2004 durch die Mongolei mit Ziel China erinnerten wir uns noch gut an Saynschand. Es erschien uns damals als eine Ansammlung ärmlicher Holzhütten auf dem Hügel hinter dem Bahngleis. Dieses alte Dorf gibt es zwar noch heute, doch etwas weiter westlich ist eine neue Stadt entstanden, mit mehrstöckigen Häusern in modernem chinesichen Baustil. Das war man sich als Bezirkshauptstadt schon schuldig! Es gibt nun repräsentative Verwaltungsgebäude, drei Tankstellen, ein grosses Hotel, und Läden, in denen sogar frisches Obst (aus China natürlich) angeboten wird.


Wohnblock in Saynschand (Dornogov)
Schäbiger Wohnblock im neuen Saynschand


80 km weit im Süden Saynschands liegt der Impaktkrater, das eigentliche Ziel unserer diesjährigen Tour. Die Fahrt der Eisenbahnstrecke entlang nach Dsuunbajan erwies sich als problemlos. Je weiter wir jedoch nach Süden kamen, umso schwerer wurde der Boden und umso dichter der Bewuchs mit Saxaul-Büschen. Schließlich standen wir vor einer niedrigen, aber ausgedehnten Dünenbarriere. Die Fahrspuren führten direkt in die Seen, die sich zwischen den Dünen gebildet hatten. Offensichtlich hatte es auch hier ergiebig geregnet. Wir mußten sofort an jenen Toyota-Geländewagen-Tourist denken, der uns mit Schaudern von seiner abgebrochenen Fahrt in die südliche Gobi berichtete. Nur mit der Hilfe einheimischer Fahrer war es ihm wiederholt gelungen, sich aus Schlammlöchern zu befreien. Umgekehrt war er diesen Fahrern ebenso behilflich. Wir konnten nicht damit rechnen, daß uns hier in dieser Abgeschiedenheit Fahrzeuge zu Hilfe kommen würden, falls wir tief in den Dünenseen versinken sollten...


südl. Dsuunbajan (Dornogov)
An diesen Seen zwischen den Dünen war Schluß!


Auf dem Bild oben ist am rechten Rand deutlich an den aufgewühlten Spuren zu erkennen, wie ein Fahrzeug in den See hineinfuhr und wieder auf die Düne zurück wollte. Mit letzter Kraft hat der Fahrer diese missliche Lage gerade noch gemeistert.

Für uns war an dieser Stelle Schluß, keine 20 km vom Krater entfernt. Wir übernachteten auf einer Düne und hörten, wie in der Nacht der Regen auf das Dach prasselte...

Es ging also wieder zurück nach Saynschand wo wir sehr schlechten Diesel tankten, wie wir bald merken sollten und machten uns in guter Hoffnung, denn es regnete gerade mal nicht, auf, in Richtung Baruun Urt, der Bezirkshauptstadt von Suchbaatar im NO der Mongolei zu fahren.

Diese Strecke hatten wir vor 8 Jahren schon einmal befahren. Sie führte über schmale Erdpisten und breite Spurenbündel durch ausgedehntes Grasland. Doch plötzlich sind alle Spuren verschwunden und man muß sich mit dem GPS seinen Weg selbst suchen. Nun in umgekehrter Richtung hat man zunächst eine angenehme harte Piste, die zunehmend erdiger und unebener wird und wegen der vergangenen Regenfälle schließlich derart glitschig wird, daß eine Weiterfahrt nicht geboten war. Nach 40 km kehrten wir um. Damit war auch das Ziel Tschita über Baruun Urt, Choibalsan, Eerdentsay an der russischen Grenze und Borzya gestorben. An eine Weiterfahrt nach Wladiwostok wagten wir nicht mehr zu denken, da eine Wetterbesserung, auf die wir angewiesen waren, nicht in Aussicht stand.

Zwei Tage später gab es ein Wiedersehen im Oasis. Dort versicherte uns Sibylle, die Wirtin, daß es seit langen Jahren keinen derart verregneten und kühlen Sommer in der Mongolei mehr gegeben hätte. Durch eine 10 cm hohe Wasserbrühe wateten wir zurück zum Auto, holten unser Laptop und schauten, was es im Internet neues gab.

Schnell war unser Entschluss gefasst: Wir fahren zügig über Kyachta zurück nach Russland, um dort auf besseres Wetter zu hoffen. Doch diese Hoffnung wurde so schnell nicht erfüllt...


Zum Reiseabschnitt Russland






zurück zur Themenübersicht